Ende mit den Schlusslichtplätzen
Herr Laschet, die Spannung steigt. In nicht einmal zwei Monaten werden 13 Millionen NRW-Bürger an die Wahlurnen gerufen. Welche Wahlziele hat sich ihre Partei gesetzt?
Wir wollen am 14. Mai stärkste politische Kraft in Nordrhein-Westfalen werden. Wir wollen die rot-grüne Landesregierung ablösen. Unser Bundesland braucht dringend einen politischen Richtungswechsel, denn wir sind in den letzten sieben Jahren auf die Schlusslichtplätze in Deutschland zurückgefallen. Bei der Inneren Sicherheit, bei der Wirtschaft, bei der Bildung. Dieser Richtungswechsel wird aber nur möglich sein, wenn die CDU die nächste Landesregierung auch anführt. Deshalb will ich als Ministerpräsident Verantwortung für mein Land übernehmen.
Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es politische Wechselstimmung in der Bevölkerung. Sind Sie sich sicher, dass diese auch vorhanden ist?
Ich bin mir sicher, weil ich diese Stimmung jeden Tag im Land sehe. Ich bin momentan viel unterwegs. Überall das gleiche Grundgefühl: Nordrhein-Westfalen wird unter Wert regiert. Viele Bürgerinnen und Bürger sagen mir: wir haben hier bei uns vor Ort einen starken Mittelstand und innovative Unternehmen. Aber die rot-grüne Politik lässt diese Unternehmen nicht in Ruhe arbeiten. Sie überschüttet sie mit Bürokratie und nimmt ihnen die Möglichkeit, sich an ihrem Standort zu erweitern. Da, wo die Landesregierung helfen könnte, nämlich beim Breitbandausbau oder der Verkehrsinfrastruktur, legt sie dagegen die Hände in den Schoß. Da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die Wirtschaftsdynamik in unserem Land zum Erliegen kommt.
Sie sprechen damit das schwache Wirtschaftswachstum in NRW an. 2015 wuchs die Wirtschaft in ihrem Land gar nicht, Nullwachstum im Industrieland NRW. Wie will die CDU dafür sorgen, dass die Wirtschaft an Rhein und Ruhr wieder in Schwung kommt?
Wir werden eine Politik für mehr Freiräume betreiben. Denn Wachstum braucht Raum, sowohl mit Blick auf Industrie- und Gewerbeflächen als auch bei der Frage von Vorschriften und Landesgesetzen. Wir wollen einen Landesentwicklungsplan nach der Maxime Vorfahrt für Arbeitsplätze. Anstatt auf Verordnungen und Gesetze aus Brüssel und Berlin im Land immer noch einen drauf zu setzen, wie es Rot-Grün macht, wollen wir die Bürokratie auf das Notwendige beschränken. Bei Genehmigungsverfahren wollen wir uns an den Besten orientieren. In Zukunft soll sich ein Unternehmen nirgends schneller ansiedeln können als in NRW. Wachstum braucht aber auch Wege. Deswegen müssen wir viel mehr für die Infrastruktur tun.
Die Innere Sicherheit ist zu einem der wichtigsten Themen in Nordrhein-Westfalen geworden. Woran liegt das?
144 Mal pro Tag findet in NRW ein Wohnungseinbruch statt. Pro Jahr wird bei uns öfter eingebrochen als in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt zusammen. In immer mehr Großstädten gibt es ganze Viertel, in denen sich viele Menschen unsicher fühlen und die sie aus Angst meiden. In NRW wird alle 90 Minuten ein Polizist im Dienst angegriffen, und zwar nicht nur in No-Go-Areas. Die Zahl der Salafisten in NRW hat sich in der Amtszeit von Innenminister Jäger versechsfacht. Sein Verhalten nach Silvester 2015 und im Fall Amri hat das Vertrauen vieler Bürger in die Wehrhaftigkeit unseres Rechtsstaats zusätzlich erschüttert.
Wie sehen Ihre Lösungen aus?
Wir werden unserer Polizei mehr Rechte und die notwendigen Werkzeuge zur Bekämpfung der Kriminalität geben. Schleierfahndung, härtere Strafen und computergestützter Kampf gegen Einbrecherbanden, mehr Videobeobachtung für mehr Sicherheit. Wir werden auch mehr Polizisten einstellen und zusätzlich noch Polizeiverwaltungskräfte einführen, damit mehr Polizisten vom Schreibtisch in den Einsatz kommen. Unsere Sicherheitsbehörden müssen wir in die Lage versetzen, terroristische Gefährder lückenlos zu überwachen.
Umfragen unter Lehrern und Eltern in NRW zeigen immer wieder, dass es eine große Unzufriedenheit mit der jetzigen Schulpolitik gibt. Was muss sich ändern?
Es gibt drei rot-grüne Großbaustellen, die den Bildungs- und Aufstiegschancen unserer Kinder im Weg stehen: der Unterrichtsausfall, die planlos umgesetzte Inklusion sowie die Frage nach G8 oder G9. Wir werden den Unterrichtsausfall digital und schulscharf erfassen, gezielt bekämpfen und eine ausreichende Vertretungsreserve schaffen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer werden wir durch Verwaltungsassistenten von Bürokratie entlasten, damit sie sich auf den Unterricht konzentrieren können. Wir werden jedem Gymnasium die Wahl lassen, ob es wieder zu einem echten G9 zurückkehren oder beim G8-Modell bleiben möchte. Auch Eltern behinderter Kinder sollen selbst entscheiden können, ob ihr Kind auf eine Förder- oder eine Regelschule geht. Solange die personellen und organisatorischen Voraussetzungen für eine gelingende Inklusion an den Regelschulen fehlen, darf keine weitere Förderschule geschlossen werden.
Mit Martin Schulz hat die SPD offenbar ihren neuen Messias entdeckt. Er elektrisiert derzeit die Sozialdemokraten, auch in NRW. Macht Sie das nervös?
Nein. Wir unterziehen die Aussagen von Herrn Schulz hier in NRW täglich einem Realitätscheck. Denn in NRW zeigt sich wie in keinem anderen Land, wie die SPD bei den zentralen Themen von Herrn Schulz scheitert. Herr Schulz spricht von sozialer Gerechtigkeit, aber nirgendwo in Westdeutschland ist die Kinderarmut mehr gewachsen als in NRW. Herr Schulz spricht von Sicherheit auch für die einfachen Menschen, dabei ist Nordrhein-Westfalen tagtäglich wegen der prekären Sicherheitslage in den bundesweiten Schlagzeilen. Herr Schulz spricht von Bildungschancen, und nirgendwo sonst in Deutschland ist die Bildungsarmut größer als in NRW. Beim Blick auf die Bilanz der SPD-geführten Regierung in NRW bleibt von den Sonntagsreden des Herrn Schulz nicht viel mehr als heiße Luft. Und mit heißer Luft gewinnt man keine Wahlen.